Dieses Main-Kinzig-Derby in der 3. Liga Süd-West hatte wieder jede Menge zu bieten, nur keine Langeweile: 60 Minuten spannender Handball, zwei rote Karten, eine randvolle Main-Kinzig-Halle und zwei völlig unterschiedliche Halbzeiten des HSG-Teams um Bergold, Ritter und Co. Die HSG Hanau hat sich am Nikolausabend einen packenden Kampf mit dem Lokalrivalen TV Gelnhausen geliefert. Und obwohl am Ende die favorisierten Gäste zum ersten Mal überhaupt bei einem Drittligaspiel in Hanau triumphierten, mussten sich die Grimmstädter nach der 22:24 (7:14)-Niederlage keinesfalls verstecken.
„Es tut mir unglaublich im Herzen weh, dass sich meine Mannschaft heute für diesen überragenden Fight in der zweiten Halbzeit nicht belohnt hat“, erklärte HSG-Cheftrainer Hannes Geist nach dem Spiel am Mikrofon. „Sie haben alles auf der Platte gelassen!“
1055 Zuschauer sorgten für herausragende Atmosphäre
Im Hanauer Handballtempel war alles angerichtet für ein packendes Derby zwischen der HSG und dem Tabellenzweiten der Staffel Süd-West: 1055 Zuschauer säumten die Ränge in der Main-Kinzig-Halle. Sowohl der Hanauer Blaue Block als auch die TVG-Unterstützer brachten ihren Anteil für eine unvergleichliche Derbyatmosphäre mit ein.
Dabei bekamen HSG-Fans am Freitagabend einen durch viele Akteure aus den Nachwuchsmannschaften ergänzen Hanauer Kader zu sehen. Neben den bekannten Langzeitverletzten musste auch Torhüter Benedikt Müller am Freitagabend erneut pausieren. Schwierige Vorzeichen also für die junge Mannschaft, die dennoch von der ersten Minute an Vollgas gab. In der sehr temporeichen Partie erwischten allerdings die Gäste den etwas besseren Start und es dauerte bis zur 6. Minute, als Cedric Schiefer den ersten Treffer für die Grimmstädter beim 1:2 erzielte.
In den ersten 30 Minuten fehlte die Durchschlagskraft
Im weiteren Verlauf behaupte Gelnhausen mit seiner erwartet zweikampfstarken 6:0-Deckung den Vorsprung. Theo Surblys sorgte mit einem schönen Treffer aus der Ferne für das 4:6 (14.) und kam danach bei einer Abwehraktion zu spät. Es folgte die hart ausgelegte Entscheidung des Schiedsrichtergespanns: Glatt-Rot gegen den Hanauer Rückraumhünen.
„Wir haben in der 14. Minute wieder einen Nackenschlag bekommen, was uns natürlich nicht die Sicherheit gegeben hat“, so Geist, der unter der Woche wegen zahlreicher Ausfälle prägender Spieler im Training improvisieren musste. „Man hat heute gesehen, dass unsere Abläufe und das Timing in unseren Aktionen nicht gestimmt haben.“ Einen ordentlichen Tag erwischte dabei Saad Khan im Kasten, der nach der Hinausstellung von Surblys den fälligen Strafwurf vereitelte und auch im späteren Spielverlauf einige Male zur Stelle war.
Nach dem 10:6 des TV Gelnhausen nahm der Hanauer Coach in der 22. Minute die erste Auszeit. Doch auch in der Folge machte der TVG mehr aus seinen Möglichkeiten, während sich Hanau in der 6:0-Deckung der Gäste festbiss und nur selten zu seinem gefährlichen Konterspiel kam.
„Uns hat vorne einfach die Tiefe und die Passgeschwindigkeit gefehlt“, so Geist. „Auch in der Deckung haben wir nicht die Intensität gezeigt, die wir uns vorgenommen hatten.“ Obwohl Paul Hüttmann in der 25. Minute noch einen Siebenmeter herausholte, den Kapitän Max Bergold zum 7:11 sicher verwandelte, setzte sich Gelnhausen mit drei schnellen Toren vor dem Seitenwechsel auf 14:7 ab.
Zweite Hälfte ging mit fünf Toren an die HSG
In der 2. Halbzeit dauerte es dann einen Moment, aber nach dem 16:8 von Gelnhausens Jannik Geisler (36.) war ein deutliches Aufbäumen des Hanauer Teams zu spüren. Mit konsequenter Abwehrarbeit erkämpften sich Rivic, Ritter & Co. das Spielgerät und vorne brachten Schiefer und Hüttmann mit ihren Toren die Grimmstädter beim 11:16 (40.) etwas heran. Geist ging nun All-in und beorderte Falk Steiner, der eigentlich regelmäßig für den Verein in der Oberliga spielt, nach vorne und ließ seine Mannschaft in der 5:1-Variante verteidigen. Mit dem taktischen Kniff brachte der Coach die Gäste etwas aus dem Tritt. Zudem kassierte Gelnhausen in der 46. Minute nun ebenfalls eine Rote Karte gegen Max Bechert, der nach hartem Einsteigen gegen Dennis Gerst vom Feld flog.
Jan-Eric Ritter und Steiner waren es dann, die mit ihren Toren zum 17:21 und 18:21 in der 53. Minute die letzte Schlussoffensive der Grimmstädter einleiteten. Frenetisch angefeuert vom Blauen Block warfen die Gastgeber noch einmal alles in die Waagschale. Zum Ausgleich kam das Team aber nicht mehr und das obwohl man die zweite Hälfte nach Rivics Treffer zum 22:24-Endstand (60.) mit fünf Toren für sich entschied.
„Die Jungs gehen auf dem Zahnfleisch und trotzdem ackern und ackern sie. Man hat heute auf jeden Fall gesehen, wozu wir als Team in der Lage sind“, so Geist, der mit den Entscheidungen der beiden Unparteiischen einige Male haderte: „Jedes Mal wenn wir die Möglichkeit hatten das Pendel etwas auf unsere Seite zu ziehen, dann fehlte uns bei vielen Entscheidungen das Spielglück.“
Mit einem ausgeglichenen Punktekonto von 14:14 Zählern belegt die HSG Hanau den achten Tabellenrang in der Staffel Süd-West und hat kommende Woche noch ihre letzte Partie vor dem Jahresende bei der TSG Haßloch zu absolvieren. „Ich kann versprechen, dass die Jungs auch nächsten Samstag wieder alles reinwerfen werden. Mit wem wissen wir zwar noch nicht, aber auch heute hatten wir wieder 16 Leute auf der Bank. Danke an alle Akteure des Vereins, die sich in der Dienst der Mannschaft stellen, ob ihm Training oder beim Spiel“, sagte Geist abschließend.
Weitere Stimmen zum Spiel:
Matthias Geiger (Trainer TV Gelnhausen): „Wir wussten, dass Hanau extrem kämpferisch ist, trotz der Verletzungsmisere. Wir sind extrem gut gestartet und haben viele Sachen gut umgesetzt. In der zweiten Halbzeit hätte ich mir ein bisschen mehr Souveränität von meiner Mannschaft gewünscht. Aber am Ende haben wir in einem kämpferischen Spiel gewonnen und auch für die Zuschauer war es in der zweiten Halbzeit ein wirklich tolles Spiel.“
Max Bergold (Kapitän HSG Hanau): „Wir haben heute in Konstellationen gespielt, die wir nicht mal trainiert haben. Ich mache der Mannschaft keinen Vorwurf. Jeder hat sein Bestes gegeben. Wir hatten uns für die zweite Halbzeit vorgenommen, emotional alles auf der Platte zu lassen. Das war der Schlüssel, dass wir noch einmal rangekommen sind. Trotz unserer leidenschaftlichen Deckung und einem starken Torhüter schaffen es aber nicht den Bock noch umzustoßen. Danke an die Fans, denn ohne sie wäre diese Aufholjagd nicht möglich gewesen. Sie haben uns wirklich getragen, danke!“
Saad Khan (Torhüter HSG Hanau): „Ich denke, im Großen und Ganzen haben wir ein super Spiel gemacht und kämpferisch eine tolle Leistung gezeigt. Am Ende waren es Kleinigkeiten und Cleverness, die heute den Unterschied ausgemacht haben. Wir können dennoch mit uns zufrieden sein.“